Georgiens Systemkrise

Ursachen und Konsequenzen

Aufzeichnung:

Am 14. Mai hat das georgische Parlament in dritter Lesung für einen Gesetzentwurf “zur ausländischen Einflussnahme” (zuvor Gesetz zu “ausländischen Agenten”) gestimmt, der vorschreibt, dass Organisationen, die mehr als 20% ihrer Finanzmittel aus dem Ausland erhalten, sich als “Verfechter der Interessen einer ausländischen Macht” registrieren lassen müssen. Eine tatsächliche Implementierung des Gesetzes würde weitreichende negative Konsequenzen für die georgische Zivilgesellschaft und die Demokratisierung des Landes haben. Ebenso würde die georgische Regierung die Aufnahme Georgiens in die Europäische Union (EU) aufs Spiel setzen. VertreterInnen der EU haben deutlich unterstrichen, dass das Gesetz gegen europäische Normen verstoßen würde. Trotz anhaltender Massenproteste hält die Regierung an dem Gesetz fest.

In Georgien stehen im Oktober 2024 Parlamentswahlen an. Der Georgische Traum, der 2012 durch eine friedliche Machtübergabe an die Regierung gekommen ist, strebt nach einer Konsolidierung der eigenen politischen Macht und Ressourcenakkumulation. So hat die Regierung im Schatten der Proteste das umstrittene “Offshore-Gesetz” angenommen, was eine Reform des Steuergesetzes beinhaltet.

In einer virtuellen Podiumsdiskussion möchten wir mit den Experten auf folgende Kernfragen eingehen:
- Wieso fokussiert die georgische Regierung sich auf die Zivilgesellschaft und welche konkreten Auswirkungen hat das Gesetz auf sie?
- Warum hat sich die georgische Regierung für eine erneute Implementierung des Gesetzes zu “ausländischen Agenten” entschieden?
- Welche Auswirkungen hat das Gesetz auf die georgische Außenpolitik und die Sicherheitsarchitektur?
- Wie können das “Gesetz zur ausländischen Einflussnahme” und das "Offshore-Gesetz" in die politische Ökonomie des Landes eingeordnet werden?

Teilnehmer*innen: 

Dr. Lasha Bakradze ist Professor an der Ilia-Universität Tbilisi und Leiter des Giorgi-Leonidze Literaturmuseums in Tbilisi. Er studierte u.a. in Jena Germanistik und Literaturwissenschaften sowie an der Humboldt-Universität zu Berlin Geschichte. Er promovierte er an der Iwane-Dschawachischwili-Universität in Tbilissi über “Deutsch-Georgische Beziehungen während des Ersten Weltkrieges”. 

Dr. Sonja Schiffers ist Leiterin des Regionalbüros Südkaukasus der Heinrich-Böll-Stiftung. Sie ist Mitglied im Beirat der Bundesregierung für Zivile Krisenprävention und Friedensförderung und Wahlbeobachterin beim Zentrum für Internationale Friedenseinsätze (ZIF) und hat in diesem Rahmen Wahlen in Georgien, der Türkei und Nordmazedonien beobachtet. Schiffers hat an der Freien Universität Berlin zum illiberalen Einfluss Russlands und der Türkei in Georgien und Bosnien promoviert.

Dr. Ia Eradze ist politische Ökonomin und außerordentliche Professorin am Georgian Institute for Public Affairs (GIPA) sowie Lehrbeauftragte der CERGE-EI Foundation. Sie forscht zudem am Institut für Sozial-und Kulturforschung an der Staatlichen Ilia-Universität. Von 2022 bis 2023 war sie Gastwissenschaftlerin an der Harvard University, dem Trinity College, Sciences Po und der Universität Wien.

Dr. Franziska Smolnik ist Wissenschaftlerin in der Forschungsgruppe „Osteuropa und Eurasien“ der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) in Berlin. In ihrer Arbeit konzentriert sie sich auf aktuelle politische und gesellschaftliche Entwicklungen in und mit Bezug zu den Ländern des Südkaukasus, vor allem auf Konflikte sowie auf OSZE-bezogene Themen.

Moderation: Bidzina Lebanidze (Friedrich-Schiller-Universität Jena)

Datum:
23.05.2024, 15:00 Uhr

Hinweis:
Die Veranstaltung findet online statt.

Sprache(n):
Deutsch

Veranstalterin:
Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde

Kooperationspartner:
Logo Kooperationspartner