The Pan-Orthodox Council of 2016 - a New Era for the Orthodox Church?
Interdisciplinary Perspectives
The Orthodox Church plans to convene a “Holy and Great Council of the Orthodox Church” close to the Pentecost Feast in 2016. This “Pan-Orthodox Council” is meant to be an attempt to address and possibly solve problems within the Orthodox world which have appeared since the 19th century, ranging from the relations between the different autocephalous (independent) Orthodox Churches and the organisation of church life outside of the traditional territories of these Churches to moral and ethical issues related to the globalised modern world. This conference focuses not only on the council as a theological event, but will also approach it and the issues it will address from a variety of perspectives, including (geo)political, historical and sociological ones. Moreover, representatives from a variety of geographical, scholarly and ecclesiastical standpoints have been invited, not primarily to present “their” own church’s view, but rather to highlight different perspectives on the intriguing questions pertaining to the Pan-Orthodox Council.
Co-operation partner: University of Erfurt, Chair in Orthodox Christianity. With kind support of "Deutsche Forschungsgemeinschaft" and "Renovabis". For further information on the conference, please, see also the conference's website here.
Veranstaltungsprogramm
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Veranstaltungsbericht
Mit der Durchführung des „Panorthodoxen Konzil 2016“ könnte die Orthodoxe Kirche Geschichte schreiben. Das letzte Treffen aller Bischöfe, die zur Orthodoxen Kirche gehören, ist bereits über tausend Jahre her. Ob die Zusammenkunft jedoch tatsächlich stattfindet, bleibt abzuwarten. Tagungsleiter Vasilios N. MAKRIDES (Universität Erfurt) verwies auf die besonderen Herausforderungen und Hürden, die sich bei der Organisation gestellt hätten und noch nicht endgültig überwunden worden seien. Makrides lud die aus Europa, den USA und Russland angereisten Wissenschaftler ein, über die Themen sowie über die Chancen und Perspektiven des Konzils zu diskutieren.
Paul VALLIERE (Indianapolis) erläuterte in seinem Plenarvortrag das besondere Verständnis der orthodoxen Konziliarität und deren ekklesiologische Bedeutung. Er verwies darauf, dass die Kirche im Allgemeinen als Konzil wahrgenommen werde, mit der Gleichberechtigung aller ihrer Glieder. Darüber hinaus gebe es aber ein weiteres Autoritätsprinzip: den Metropolitanismus. Dies sei die institutionalisierte Ebene der Bischöfe und Patriarchen, auf der richtungsweisende Entscheidungen behandelt werden, ohne dass konziliare Beschlüsse eingefordert werden. Dimitrios MOSCHOS (Athen) ergänzte Vallieres Darstellung mit dem Hinweis, dass das Modell des ekklesiologischen Konziliarismus seinen Ursprung u. a. im römisch-griechischen Demokratieverständnis der Polis habe.
Die beiden Moskauer Theologen Andrej SHISHKOV und Aleksandr KYRLEZHEV behandelten in ihren Beiträgen die ekklesiologische Struktur der heutigen orthodoxen Welt. Hierbei werden „Nationalkirche“ und „Patriarchat“ voneinander unterschieden. Die Übergänge zwischen diesen Strukturen seien jedoch fließend, so Kyrlezhev. Deutlich machte er das am Beispiel der Russisch-Orthodoxen Kirche, die den Anspruch habe, sowohl Nationalkirche als auch Patriarchat zu sein. Sie sei mithin eine transnationale Organisation. Den Statusunterschied zwischen einer Autokephalen und einer Autonomen Kirche stellte Shishkov heraus und fragte nach den ekklesiologischen Konsequenzen, auch hinsichtlich der konziliaren Prozesse.
Daniela KALKANDJIEVA (Sofia) diskutierte die Frage der kirchlichen Autonomiestatuten in Zusammenhang mit dem Ringen zwischen den beiden Patriarchaten von Konstantinopel und von Moskau um geopolitische Einflussbereiche. Lucian LEUSTEAN (Birmingham) spezifizierte in seinem Vortrag diese Frage und blickte genauer auf die orthodoxen Diasporagemeinschaften im Westen: Wie können sie innerhalb der Gruppen eine Rückbindung bzw. Identitätsvorstellung an die jeweilige Nationalkirche erhalten? Wie kann sie wieder erzeugt werden?
Für Diskussionsstoff im Vorfeld des Panorthodoxen Konzils sorgt auch die Teilnehmerliste. Dabei geht es vor allem um diejenigen, die nicht auf der Liste stehen: Frauen und Laien, die in und für die orthodoxe Kirche aktiv sind. Sebastian RIMESTAD (Erfurt) diskutierte dieses Problem unter Einbeziehung des von Valliere dargestellten metropolitanischen Prinzips. Vassilis PNEVMATIKAKIS (Paris) verdeutlichte am Beispiel von Frankreich und den USA die Schwierigkeiten der orthodoxen Diaspora. Man begebe sich dort auf die Suche nach einer multilateralen emanzipatorischen Position, stecke jedoch in den jurisdiktionellen Zwängen der nationalen Mutterkirchen fest. Diese seien bestrebt, sich die jeweilige Identität als geopolitischen Faktor nicht entgleiten zu lassen. Die daraus entstehenden, sich teils überlappenden jurisdiktionellen Ansprüche begreift Pnevmatikakis aus geopolitischer Perspektive indes nicht als Problem, sondern als Chance: Wenn ein Konflikt drohe, könne eine Partei ihn geschickt umgehen, indem sie die Jurisdiktion wechselt.
Die Ausführungen von Eva SYNEK (Wien) zum kanonischen Recht verlas Isabella Schwaderer, da Synek nicht persönlich vor Ort sein konnte. Sie betonte den immerwährenden Gegensatz zwischen dem universellen und dem lokalen Prinzip im Kirchenrecht, welches sich im Grunde seit dem ersten Jahrtausend nicht verändert habe. Die vielen ungelösten Fragen des kanonischen Rechts werden allerdings selten thematisiert und auch im kommenden Panorthodoxen Konzil nicht behandelt. Die Pariser Soziologin Kathy ROUSSELET kritisierte Victor Roudometofs Vorstellungen zur Globalisierung der Orthodoxen Kirche. Für sie sei Globalisierung mehr als nur eine weltweite Verbreitung und Mission. Die Orthodoxe Kirche sei in ihren Strukturen nicht im Sinne Roudometofs globalisiert.
In einer Diskussionsrunde zum Thema der Erwartungen von Orthodoxen an das Konzil unter Leitung von Thomas BREMER (Münster) formulierten die Diskutanten ihre Erwartungen. Christophe d’ALOISIO (Brüssel) hofft auf ein transparentes und offenes Konzil sowie auf ausgeglichene Machtverhältnisse, um Beschlüsse letztendlich gemeinsam umzusetzen. Vladimir KHOULAP (St. Petersburg) sieht in dem Konzil einen langen Annäherungsprozess, der nun zum Abschluss kommt. Darüber hinaus sei er in erster Linie der Eintritt in eine neue Phase interorthodoxer Gemeinschaft und Zusammenarbeit. Er hofft auf Impulse, die einer gemeinsamen orthodoxen Identität zum Durchbruch verhelfen können und auch auf neue föderative Organisationsformen. Als problematisch empfindet Georgios VLANTIS (München) die Vorbereitung des Konzils, da sie weitestgehend ohne die Einbeziehung von Theologen und Laien stattfand. Laut Vlantis werden aber auch herausfordernde Themen der Moderne von den Konzilsvätern bewusst ausgeklammert und eine notwendige Auseinandersetzung gescheut. Alle drei waren sich jedoch einig, nun zunächst die Rezeptionsphase des Konzils abzuwarten.
Aristotle PAPANIKOLAOU (New York) diskutierte in seinem Vortrag die Kompatibilität zwischen der Orthodoxie und den westlichen Werten (Menschenrechten). Häufig werde der Begriff „Säkularität“ als ein Kampfbegriff missverstanden und die Trennung von öffentlicher und privater Sphäre nicht nachvollzogen. Stattdessen versuche man in den mehrheitlich orthodox geprägten Ländern, den Menschenrechten einen öffentlichen kirchlichen Wertekanon entgegenzustellen. Alexander AGADJANIAN (Moskau), dessen Skript von Vasilios N. Makrides verlesen wurde, ging konkret auf das zuletzt verabschiedete Dokument „Die Mission der Orthodoxen Kirche in der modernen Welt“ ein, das beim Konzil als Diskussionsgrundlage dienen wird. Dieses Dokument, das eine Vorgeschichte in den interorthodoxen vorkonziliaren Beratungen hat, weist nach Agadjanian in seiner letzten Form eine konservativere Richtung auf, die aller Wahrscheinlichkeit nach auf den Druck der russisch-orthodoxen Seite zurückzuführen ist. All dies zeige deutlich das noch spannungsvolle Verhältnis des Orthodoxen Christentums zur modernen Welt.
Welche Impulse und Folgen könnte das Panorthodoxe Konzil für die innerchristlichen Beziehungen haben? Pantelis KALAITZIDIS (Leuven/Volos) sieht diese Prozesse kritisch und derzeit kein Miteinander mit anderen christlichen Konfessionen auf Augenhöhe, da der eigene Führungsanspruch innerhalb der orthodoxen Welt ungebrochen ist. Peter DE MEY (Leuven) blickte zunächst auf parallele Abläufe zwischen dem Vaticanum II und dem Panorthodoxen Konzil. Den Texten des vorkonziliaren Prozesses konnte er keine Hinweise auf eine gesamtchristliche Vereinigungsanstrengung entnehmen. Das Konzil sei in erster Linie als interorthodoxes Ereignis zu betrachten.
Zum Abschluss der Tagung ging es in einer weiteren Diskussionsrunde unter der Leitung von Anna BRISKINA-MÜLLER (Halle/S.) um die Wahrnehmung des Konzils aus Perspektive der anderen christlichen Konfessionen. Ivana NOBLE (Prag) und Karl PINGGÉRA (Marburg) haben aus protestantischer Sicht keine konkreten Erwartungen an das Konzil. Es gehe dort um interorthodoxe Prozesse, um nach langer Zeit wieder Diskursebenen (Konziliarität) aus der eigenen Tradition zu entwickeln. Konkrete Gefahren eines orthodoxen Schismas machte Johannes OELDEMANN (Paderborn) aus. Die vorkonziliaren Verlautbarungen sind deutlich als Kompromisspapiere zu lesen, in denen die Spannungen zwischen Liberalen und Traditionalisten spürbar werden. Er sehe das Konzil deshalb auch in erster Linie als interorthodoxen Verständigungsprozess.
Bericht: Martin Tulaszewski
Den Veranstaltungsbericht finden Sie im Rundbrief 1/2016, S. 41-43, und im nachfolgenden PDF-Dokument.
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