America goes home - Russia goes abroad?

Foreign policy positioning under Trump and Putin and the implications for Europe

Das Verhältnis zwischen Russland und den Vereinigten Staaten gilt seit Jahren als schwierig. Mit der Wahl Donald Trumps zum amerikanischen Präsidenten schien kurzfristig ein Neustart möglich, bis Ermittlungen zu russischer Einflussnahme auf den US-Wahlkampf die bilateralen Beziehungen erneut schwer belasteten. So ist das Verhältnis nun einerseits von einer demonstrativen Männerfreundschaft der Präsidenten und andererseits von einer scharfen rhetorischen Konfrontation im außenpolitischen Alltag geprägt.

Im globalen Kontext sucht die Trump-Administration unter dem Motto „America First“ das internationale Engagement der USA zurückzuschrauben, während Russland wieder zunehmend den Anspruch erhebt, als Weltmacht zu agieren. Welche politischen und wirtschaftlichen Interessen die Akteure in der ersten und zweiten Reihe verfolgen, ist nicht nur Gegenstand kontroverser Debatten beiderseits des Atlantiks – die vielschichtigen Interessen Russlands und der Vereinigten Staaten sowie ihre Auswirkungen auf die Europäische Union sind auch Thema dieser Podiumsdiskussion.

Die Diskussion findet in englischer Sprache ohne Verdolmetschung statt.

Die Veranstaltung ist eine Kooperation der Deutschen Gesellschaft für Osteuropakunde mit der Atlantik-Brücke e. V. und der Graduiertenschule für Ost- und Südosteuropastudien. Sie wird gefördert durch die Carl Friedrich von Siemens Stiftung.

Die Videoaufzeichnung der Diskussion finden Sie hier.

Veranstaltungsprogramm

Veranstaltungsprogramm (PDF, 156 kB)

A. Kortunov, W. Ischinger, K. Gloger
A. Weiss, A. Kortunov, W. Ischinger, K. Gloger

Veranstaltungsbericht

Bericht: Gabriele Freitag (DGO)
Fotos: Atlantik-Brücke e. V.

Die außenpolitischen Aspirationen der USA und Russlands scheinen in entgegengesetzte Richtungen zu laufen. Die Trump-Administration verkündet unter dem Motto „America First“, ihr internationales Engagement zurückzuschrauben, während Russland wieder zunehmend den Anspruch erhebt, als Weltmacht zu agieren. Die vielschichtigen Interessen Russlands und der Vereinigten Staaten, die gegenseitigen Beziehungen sowie ihre Auswirkungen auf die Sicherheitslage in Europa diskutierten Wolfgang ISCHINGER (Münchener Sicherheitskonferenz), Andrey KORTUNOV (Russian International Affairs Council, Moskau) und Andrew WEISS (Carnegie Endowment, Washington).

Es sei, so Kortunov sehr prosaisch, Russland mit einem geringen Aufwand an Blut und politischem Druck gelungen, auf die internationale Bühne zurückzukehren. Die Erfolge seien aber ambivalent. In Syrien sei zwar der Krieg, nicht aber zwangsläufig der Frieden gewonnen. In den USA, so Weiss, ist es seit dem Amtsantritt von Donald Trump zum Niedergang einer funktionalen und kohärenten Außenpolitik gekommen. Auch die US-amerikanischen Beziehungen zu Russland befänden sich auf einem Tiefpunkt. Während Trump die Wichtigkeit Russlands beschwöre, gebe es de-facto keinerlei gegenseitiges Vertrauen mehr. Die mutmaßliche russische Einflussnahme auf die US-amerikanischen Wahlen spiele dabei eine wichtige Rolle.

Auch Ischinger nimmt den aktuellen Vertrauensverlust auf internationaler Ebene als ein grundsätzliches Problem wahr. Er sei gravierender als während des Kalten Kriegs. Wichtigste Aufgabe sei es jetzt, schlimmeres zu verhindern, etwa die Aufkündigung des Washingtoner Vertrags über nukleare Mittelstreckensysteme (INF-Vertrag) aus dem Jahr 1987, die, auf Druck der USA, zu einer Stationierung neuer nuklearer Waffen in Europa führen würde. Die europäischen Staaten müssten daher darauf bestehen, dass die USA und Russland das bereits Erreichte nicht zerstörten.

Weiss und Kortunov hielten diesen Appell für wenig realistisch. Für die USA habe Waffenkontrolle in der Sicherheitspolitik keine Priorität. Außerdem seien die Waffensysteme heute völlig andere. Der INF-Vertrag und New START müssten zusammengedacht werden. Ebenso wichtig sei es aber, in der Bevölkerung ein Bewusstsein für die Gefahren des atomaren Kriegs zu schaffen. In Russland werde dieser wie ein großes Abenteuer dargestellt und wahrgenommen. Auch dem Vorschlag der Moderatorin Katja Gloger (Der Stern), die Ukraine als Plattform für ein gemeinsames Handeln zu betrachten, erteilten beide eine Absage. Aus russischer Perspektive, so Kortunov, habe der Westen in der Ukraine die sicherheitspolitische Balance zerstört. Grund dafür sei das äußerst problematische Konzept der Einflusssphären. Die Einflusssphären dienten Russland als Kompensation dafür, dass es bis heute nicht als gleichberechtigtes Mitglied der internationalen Staatengemeinschaft akzeptiert werde.

Um Russland in die internationale Staatengemeinschaft zurückzuholen, sei vor allem die Diplomatie gefragt, so Ischinger. Deutschland habe es in den vergangenen 50 Jahren verstanden, seinen Nachbarn das Gefühl zu geben, „geliebt“ zu werden und sei mit dieser Politik sehr gut gefahren. Die russische Ratio sei demgegenüber, besser gefürchtet zu werden. Diese Politik bringe nur kurzfristige Erfolge.

Eine wichtige Rolle komme aber auch den USA zu. Da Russland wissen müsse, welche Pläne die NATO mit der Ukraine verfolgt, sei es bedauerlich, dass die USA nicht Teil des Normandie-Formats seien. Es sei ein Versäumnis des Westens, so Kortnunov, dass der NATO-Russland-Rat noch nicht wieder einberufen worden sei und die EU den Eindruck vermittele, zur Tagesordnung zurückzukehren, ohne in Bezug auf Russland eine stimmige Politik zu verfolgen. Die EU müsse sich zwischen der Priorität entscheiden, ob sie Präsident Putin bestrafen oder ein Minimum an Stabilität gewinnen wolle. Die Minsker Vereinbarungen müssten zu kleineren Paketen geschnürt werden: der Waffenstillstand, der Abzug der schweren Waffen und der Austausch von Gefangenen seien die wichtigsten Aufgaben. Und Russland selbst sollte sich stärker um eine Internationalisierung der Minsker Verhandlungen bemühen.

Dem pflichtete Ischinger abschließend bei: Der Westen sollte Putins Vorschlag für eine UN-Mission in der Ost-Ukraine annehmen. Auch der Vorschlag, die Minsker Vereinbarungen aufzusplitten, sei sehr sinnvoll. Wichtig sei jetzt der Verhandlungsprozess, auch wenn der Konflikt nicht vollständig gelöst werden könne.

Veranstaltungsbericht (PDF, 283 kB)

Datum:
14.11.2017, 18:00 Uhr

Ort:
Carl Friedrich von Siemens Stiftung
Südliches Schloßrondell 23
80638 München

Sprache(n):
Englisch

Programm:

Veranstaltungsprogramm (PDF, 156 kB)

Veranstalterin:
Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde