Aktuelle politische und gesellschaftliche Entwicklungen in Russland und Belarus

Belarus: Politik, Wirtschaft und Gesellschaft in der Schwebe

Belarus scheint zwei Jahre nach den gesellschaftlichen Protesten zur „Normalität“ eines autokratischen Systems zurückgekehrt zu sein. Präsident Aliaksandr Lukaschenka konnte seine Machtposition mit brutaler Härte nach innen und politischem Austarieren nach außen behaupten. Offen bleibt, wie die Verfassungsänderung vom Februar 2022 umgesetzt wird und welche Folgen die westlichen Sanktionen auf die Wirtschaft des Landes haben. Gleichzeitig ist schon jetzt absehbar, dass die Emigration vieler gesellschaftlich aktiver Menschen sich nicht nur auf das Zusammenleben im Land, sondern auch auf seine demographische Entwicklung auswirken wird. Und noch ist unklar, ob die politische Führung sich als Kriegspartei am militärischen Angriff gegen die Ukraine beteiligen wird.

Über diese Fragen diskutieren:
Lev Lvovskiy, Thinktank BEROC
Natallia Rabava, Forschungszentrum SYMPA
Artyom Shraibman, Carnegie Endowment for International Peace

Moderation: Astrid Sahm, Stiftung Wissenschaft und Politik

                                                                                                                                                                                                                                                                                     Wir erbitten Ihre Anmeldung zur Diskussion unter:

https://us02web.zoom.us/webinar/register/WN_EUmmmOfPRYWTNlGlJS5gnA

Das Science at Risk Emergency Office (by Akademisches Netzwerk Osteuropa e.V.) wird gefördert durch das Auswärtige Amt.

Über Ihr Interesse an der Diskussion würden wir uns freuen.

Veranstaltungsprogramm

Science at Risk - Flyer (PDF, 1.750 kB)


Veranstaltungsbericht

Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine wirkt sich auch auf Russland selbst sowie seinen Verbündeten Belarus aus. Die Regime gehen hart gegen jene vor, die Kritik am Kurs der Präsidenten Putin und Lukaschenka äußern, der Verlust qualifizierter Arbeitskräfte, die vor Repressionen und Mobilmachung fliehen, stellt die Wirtschaft der beiden Länder vor enorme Herausforderungen. Die Online-Diskussionsreihe „Aktuelle politische und gesellschaftliche Entwicklungen in Russland und Belarus“, die die DGO gemeinsam mit dem Science-at-risk-Office des Akademischen Netzwerks Osteuropa (akno e.V.) veranstaltet hat, widmete sich daher den Entwicklungen in diesen Ländern aus unterschiedlichen Perspektive.

Belarus wird in den Medien aktuell zumeist nur als Co-Aggressor im russischen Angriffskrieg thematisiert. Um auch andere Perspektiven zu berücksichtigen, befasste sich die zweite Veranstaltung der Diskussionsreihe daher mit Politik, Wirtschaft und Gesellschaft in Belarus. Artyom Shraibman (Carnegie Endowment for International Peace) benannte dabei drei wichtige Entwicklungen: Die Militarisierung des öffentlichen Lebens und Repressionen gegen alles, was das russische Narrativ infrage stellt, die Entstehung weiterer scheindemokratischer Institutionen sowie das Fehlen echter politischer Auseinandersetzungen, da große Teile der Opposition im Ausland seien oder gewaltsam unterdrückt würden.

Hinzu käme die schlimmste Rezession seit den neunziger Jahren, so Lev Lvovskiy vom Thinktank BEROC. Zwar könne der Ausfall der Einnahmen aus der EU und der Ukraine aktuell noch von Russland kompensiert werden, aber auch die russische Wirtschaft stagniere zunehmend. Einige Branchen könnten die Sanktionen ausgleichen, andere aber nicht. So habe Belarus unter anderem den Status als IT-Nation verloren, da Investitionen in diesem Bereich durch die Sanktionen erschwert wurden und viele Arbeitskräfte das Land verlassen haben.

Die massenhafte Ausreise spalte auch die Zivilgesellschaft zunehmend, so Natallia Rabava (Forschungszentrum SYMPA), hinzu komme die Einflussnahme des Regimes auf zivilgesellschaftliche Institutionen. So könnten Umwelt- und soziale Organisationen momentan nur arbeiten, wenn sie Loyalität zum Regime demonstrierten. Shraibman verwies in diesem Zusammenhang darauf, dass totalitäre Praktiken immer stärker zunehmen. Wer sich negativ über Lukaschenka oder das Regime äußere, müsse damit rechnen, inhaftiert zu werden.

Auf lange Sicht, so Lvovskiy, sei der Verlauf des Krieges der entscheidende Faktor auch für die Entwicklung in Belarus. Durch die Verflechtung mit der russischen Wirtschaft hätte eine russische Niederlage weitreichende Folgen für das Land. Shraibman sah das größte Problem darin, dass Lukaschenka Belarus zum Aufmarschgebiet für russische Truppen gemacht habe. Dadurch habe er an Souveränität eingebüßt und das Land noch stärker von Russland abhängig gemacht.

Veranstaltungsbericht / Aktuelle Entwicklungen in Russland und Belarus (PDF, 364 kB)

Datum:
03.11.2022, 18:00 Uhr bis 20:00 Uhr

Hinweis:
Die Veranstaltung findet online statt.

Sprache(n):
Deutsch, Belarusisch und Russisch, simultan gedolmetscht

Programm:

Science at Risk - Flyer (PDF, 1.750 kB)

Veranstalterin:
Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde

Kooperationspartner:
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