Aktuelle politische und gesellschaftliche Entwicklungen in Russland und Belarus

Russland und Belarus

Volkswirtschaften unter Druck

Die westlichen Staaten haben umfangreiche Sanktionen gegen Russland und Belarus verhängt. Diese beeinträchtigen unzweifelhaft die Volkswirtschaft der beiden Länder. Doch in welchem Maße? Welche Regionen sind besonders betroffen, welche Sektoren und welche gesellschaftlichen Schichten? Wie erfolgreich sind die Versuche, sanktionierte Güter durch Herstellung im eigenen Land zu ersetzen, oder sie aus Ländern zu importieren, die sich den Sanktionen nicht angeschlossen haben? Welche Rollen spielen insbesondere die Türkei, China und Kasachstan – als Importdrehscheibe oder als Absatzmarkt? Und welche Auswirkungen sind von dem Preisdeckel für Öl aus russischer Förderung auf dem Weltmarkt zu erwarten, den die Europäische Union Anfang Dezember 2022 eingeführt hat?

Antworten geben:
Natal’ja Zubarevič, Professorin für Wirtschafts- und Sozialgeographie, MGU, Moskau
Janis Kluge: Stiftung Wissenschaft und Politik, Berlin
Robert Kirchner: Berlin Economics

Moderation:
Volker Weichsel, Zeitschrift Osteuropa

Wir erbitten Ihre Anmeldung unter: https://us02web.zoom.us/webinar/register/WN_gzJSbowFRVi_YMScyiINYg

Das Science at Risk Emergency Office (by Akademisches Netzwerk Osteuropa e.V.) wird gefördert durch das Auswärtige Amt.


Veranstaltungsbericht

Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine wirkt sich auch auf Russland selbst sowie seinen Verbündeten Belarus aus. Die Regime gehen hart gegen jene vor, die Kritik am Kurs der Präsidenten Putin und Lukaschenka äußern, der Verlust qualifizierter Arbeitskräfte, die vor Repressionen und Mobilmachung fliehen, stellt die Wirtschaft der beiden Länder vor enorme Herausforderungen. Die Online-Diskussionsreihe „Aktuelle politische und gesellschaftliche Entwicklungen in Russland und Belarus“, die die DGO gemeinsam mit dem Science-at-risk-Office des Akademischen Netzwerks Osteuropa (akno e.V.) veranstaltet hat, widmete sich daher den Entwicklungen in diesen Ländern aus unterschiedlichen Perspektive.

Die abschließende Diskussion der Veranstaltungsreihe stellte die wirtschaftliche Situation in Russland und Belarus in den Mittelpunkt und fragte unter anderem nach den Auswirkungen westlicher Sanktionen. Natal’ja Zubarevič, Professorin für Wirtschafts- und Sozialgeographie aus Moskau, konstatierte gleich zu Beginn, dass sich alle Expert*innen mit ihren Einschätzungen geirrt hätten. Der erwartete starke Rückgang der Wirtschaftsleistung in Russland und Belarus sei ausgeblieben. Die Sanktionen würden aber dennoch Wirkung zeigen. Janis Kluge (Stiftung Wissenschaft und Politik) verwies in diesem Zusammenhang auf den eingeführten Preisdeckel für russisches Öl. Dieser würde zwar keine existenzielle Krise in Russland auslösen, langfristig aber Druck auf die Wirtschaft ausüben. Generell sei Russland schwer zu sanktionieren: Viele Länder würden weiterhin Handel mit Russland treiben und die im Zuge der globalen Rohstoffknappheit steigenden Preise würden dem Regime entgegenkommen.

Im Hinblick auf Belarus, so Robert Kirchner von Berlin Economics, müsse man bedenken, dass das Land bereits nach den gefälschten Präsidentschaftswahlen 2020 unter anderem von der EU sanktioniert worden sei. Gemeinsam mit den Sanktionen, die im Zuge des russischen Angriffskrieges verhängt wurden, werde das Land deutlich stärker getroffen als Russland. Die enge Verflechtung der beiden Volkswirtschaften würde dabei eine große Rolle spielen. Kirchner verwies vor allem auf die Tatsache, dass viele Unternehmen aus der IT-Branche das Land verlassen würden. Die Branche habe lange hohe Exporterlöse erwirtschaftet, die aktuelle Entwicklung fördere nun ein „langsames Dahinsiechen der Wirtschaft“.

Perspektivisch verwiesen die Teilnehmer*innen immer wieder darauf, dass nicht die wirtschaftlichen Probleme Russlands im russischen Angriffskrieg ausschlaggebend seien. Die Sanktionen seien zu unspezifisch und Russland in der Lage, durch eigene Prioritätensetzung gegenzusteuern. Frühestens in zwei oder drei Jahren sei mit einer Währungskrise oder ähnlich einschneidenden Entwicklungen zu rechnen. Wichtig sei vor allem die militärische Situation in der Ukraine. Kluge brachte es zum Abschluss auf den Punkt: Waffenlieferungen an die Ukraine seien wichtiger als wirtschaftliche Sanktionen gegen Russland.

Veranstaltungsbericht / Aktuelle Entwicklungen in Russland und Belarus (PDF, 364 kB)

Datum:
19.01.2023, 18:00 Uhr

Hinweis:
Die Veranstaltung findet online statt.

Sprache(n):
Deutsch und Russisch, simultan gedolmetscht

Veranstalterin:
Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde

Kooperationspartner:
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